Der Raum und das 'Drumherum'

Können Sie sich vortellen, es gab in Weiden einmal eine Zeit, da fühlte man sich wohl, auch wenn man nicht dem üblichen Mainstream folgte.
Da gab es den 'Alten Schlachthof' für Punks, das Café 'Salü' und das 'Sound' für Alternative. Und da war die legendäre 'Altstadt Galerie' in der sich über zehn Jahre lang von Snob bis Penner einfach alles traf.
Seltsamerweise machte innerhalb 4 Jahren ein Laden nach dem anderen dicht.
Der 'Alte Schlachthof' heißt heute Max-Reger-Schule. Anstatt der 'Altstadt-' kam eine 'Teppich-Galerie', der heutige 'Fahrad Keller'. Das 'Salü' wurde zu einem 'American Breakfast' vergewaltigt und später zu einem 'Toucan' verprügelt. Das 'Sound' verkam zu einem türk. Restaurant.

Böse Zungen hehaupten noch heute, so mancher Laden habe den Geist aufgrund der >Sauber- macherpolitik< unserer Stadt aufgegeben. Gerüchte?
Nun, das Jugendzentrum war jetzt die Anlaufstelle jener Leute, die sich gerne mal was anderes als Chart-Musik anhörten. Befriedigend schien das aber nicht zu sein, eher eine Notlösung, es wurde viel geschimpft: das juZ werde mehr und mehr zum Kindergarten, man kenne niemanden mehr, ach, alles Scheiße, früher war alles besser, ect. ect.

(Kurze Bemerkung des Verfassers: 1996 versuchte ein gewisser EL TOMO' den 'Alten Schlachthof' wieder aufleben zu lassen. Er scheiterte kläglichst. War doch der alte Schlachthof ein zu großer Dorn im Auge der CSU.

Der große Politiker Georg Girisch zu diesem Thema wörtlich im Neuen Tag: "Wenn diese Leute (bunt- und langhaarige) etwas kaputt machen wollen, sollen sie doch ins juZ gehen.)

Anno 1999 dann der Schock durch den Stadtjugendring. Das juZ soll seine Bedeutung als Szenetreffpunkt verlieren, Jugendarbeit geleistet werden. Was damit gemeint war weiß bis heute niemand so recht. Nur daß alle über 16 dort nichts mehr zu verlieren hatten. Mit anderen Worten: Den armen Chaoten (G.Girisch) wurde der letzte Platz zum randalieren genommen. Durch Jugenddiktator (=Marionette) Ewald Zenger ging man sogleich in die Offensive und beraubte den Freitagabend um eine Stunde. Dies wurde nicht unbedingt einfach so hingenommen. Eine handvoll Leute besetzte an zwei Freitagnächten die DJ-Kanzel, was Hausverbote nach sich zog, die jedoch ignoriert wurden. Nichtsdesdotrotz wurde den Leuten diese lächerliche eine Stunde Tanz entrissen, eine Stunde, die den Jugendlichen wichtig war und in der Ignoranz verpeilter Pädagogen unterging. Ein letzter und bedeutender Grund für den 1999 gegründeten Verein zur Förderung kommunikativer Kunst e.V. (ocwe), eine Lokation als alternative zu suchen, zu finden und zu bieten.

Überspringen wir einen Zeitraum von zwei Jahren, in denen die Popularität des Jugendzentrums flöten geht, was die Besucherzahl auf ein Minimum sinken läßt und kommen zum eigentlichen Thema der Schrift: dem

RAUM

Es war im Januar diesen Jahres auf einer Party. Ein junger Mann namens Thomas Geisler berichtete, unter seiner Wohnung in der Asylstraße 11 befinde sich ein 100 qm großer Lagerraum, der leer stünde. Er habe seinen Vermieter gefragt, ob man diesen Raum nicht als einen Vereinsraum nutzen könne und habe seine Zustimmung bekommen. Das war's. Von da an ging alles sehr schnell. Einen Tag später wurde der AK Raum gegründet, wir kauften Farbe und fragten jeden nach Couch und Tisch. In den nächsten 3 Wochen wurde ordentlich gepinselt und eingerichtet. Wahre Kunstwerke entstanden an den Wänden. An dieser Stelle Danke an alle, die gespendet und mitgewirkt haben. Die Idee des Raumes stand unter der ocwe's:

Einen Platz zu schaffen an dem man sich wohl fühlen und selbstverwirklichen kann. Schon vor der offiziellen Eröffnungsparty herrschte reger Betrieb. Allerdings fror man sich in dieser Zeit etwas den Arsch ab, da der Ölofen (die einzige Heizmöglichkeit) nicht richtig funktionierte, was aber als nicht wirklich störend empfunden wurde, ein Mangel, der sehr bald auch behoben war.

Das Gefühl endlich etwas zu tun und nicht nur abzuhängen und sich darüber aufzuregen, wie wenig diese scheiß Stadt zu bieten hatte, sondern wirklich versuchen etwas dagegen zu unternehmen, war sehr, sehr angenehm.

Die Miete für den Raum bekamen wir durch den Getränkeverkauf rein. Anfangs hatten wir bezüglich der Finanzen noch einige Bedenken, doch dann war es soweit: Die Eröffnungsparty war im vollen Gange und bescherte uns zwei Monatsmieten im voraus. Es hat geklappt. Freitags mußte man nach dem juZ nicht mehr ins W2, sondern konnte bies 4 Uhr früh im ocwe-Raum abfeiern. So war es dann auch. Nun ja, wir wußten schon im voraus, daß das alles nicht ganz ohne Probleme ablaufen würde. Sehr bald merkten wir, daß der AK Raum, anfangs 14 Leute, sich nun mit 5 - 6 leuten zufriedengeben mußte. Das war nicht mal schlecht, aber irgendwie bekamen wir den Ruf eines reinen Punktreff- und Rasta Punkles. Das war nicht unsere Absicht. Jeder hätte kommen können um dort etwas zu machen. Z.B. Swing, Jazz, HipHop Abende, Bongo- & Didgeridoo-Workshops u.s.w. . Auch wollten wir nicht irgendwelche Penner einfach so rauswerfen, unsere Tür war für jedermann außer Nazis geöffnet. Schade, daß sich Leute durch die Anwesenheit anderer gestöhrt fühlten bevor sie den Raum überhaupt mal von Innen gesehen hatten. Aber egal, der Platz war da und das war gut so. Das Hauptproblem waren die Nachbarn und die Besucher zugleich. Die Nachbarn, die sich über den Lärm aufregten (obwohl wir unter der Woche nur von 18 bis 22 Uhr geöffnet hatten) und jene Besucher, die draußen im Innenhof randalierten. Es kam vor, daß Blumenkästen umgeworfen wurden, Streitereien unter Schlafzimmerfenstern ausgetragen und Bierflaschen auf den Boden geworfen wurden. Die 1. Abmahnung im Postkasten.

Tja, sowas kommt in den besten Kneipen vor, aber die Existenz des Raumes war in Gefahr. Wir hatten versucht uns nicht beirren zu lassen und schrieben Verhaltensregeln oder besser gesagt -Angebote, die aufgehängt und teils mehr, teils weniger beachtet wurden. Wir machten weiter wie gehabt und endlich hatten wir auch ein Konzert organisiert. Die Weidener Band 'Sentimentol' gab ihr bestes zwischen den gut besuchten Mauern des Kunstvereins. Die Oberpfälzer Nachrichten berichteten positiv von dieser Veranstaltung, doch uns flog promt die zweite Abmahnung des Ver-mieters ins Haus: -

Diese Abmahnung (leider verlorengegangen) war reichlich übertrieben und stellte uns als ein Haufen Randalen hin. Dem Verein wurde mitgeteilt, daß er bei der geringsten Beschwerde sein Zuhause verliert.

Das war zuviel um es ignorieren zu können. Wir wollten ja mehr Konzerte organisieren und den Raum richtig aufleben lassen und jetzt sollten wir uns auf puren Kneipenbetrieb minimalisieren. Es blieb uns nichts anderes übrig als den Entschluß zu fassen dicht zu machen.

Am 26.05.2001 wurde im ocwe-Raum Asylstraße 11 das letzte mal gefeiert.

Die Tage darauf überdünchten wir schweren Herzens die bunten Bilder.

Doch nichts ist vorbei, wir werden uns nach dem Sommer um einen neuen Raum kümmern und wir werden was finden. ein Haus, eine Wohnung, eine Hütte zum Wohnzimmer gestalten.

Zurückblickend können wir zufrieden sein. In seinem Halbjährigen bestehen gab es im ocwe-Raum 4 groß organisierte Partys, 1 Concert, zwei Lesungen, etliche Videoabende, gutes Bier und laute Nächte. Es hat sich gelohnt, bis zum nächsten Mal.

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