Blasphemie und Überdruck

 

Heute ist es vorbei, die Sicherungen knallen durch. Nico und ich sitzen auf der Couch und schießen uns gegenseitig. Wir überlegen ernsthaft ob wir 'ihn' nicht abschneiden sollten, denn seit zwei Tagen haben wir schon 'hart'. Ein Wort beherrscht unsere Existenz, das heilige Wort mit f- ich sag es, ich schrei es raus: "Ficken", mannomann, "fiickeen!"

Und wir wälzen uns in der Wohnung von Nico's Schwester und hupfen rum und werden wahnsinnig. Gestern Nacht hat es angefangen, bei uns beiden, in Nico hab ich einen Leidensgenossen gefunden, wie wir dahocken und uns selbst die Schwänze kneten. Ich muß an Pornofilme denken, an Sexshops und an Henry Miller. Wir betreiben Blasphemie und turteln mit imaginären vollbusigen Nutten umher und ficken sie in die Luft während wir beten.

"Heilige Mutter Gottes, ich glaub an dich, ich glaub an Gott den Allmächtigen, an den heiligen Geist und an Jesus Christus, deinen eingeborenen Sohn. Ich bereue und tue Buße wenn nur irgendein verdorbenes, weibliches Stück Fleisch die Beine spreizt um uns, mich und meinen gläubigen Bruder Nico, Einlaß zu gewähren!" Nico singt mit römisch- katholischer Priesterstimme, "SpürstduheiligeJungfrau Maria
meinenGlaubenindirwa-ha-hachsen?!
"

Wir lachen, aber es ist ein verkrampftes, angespanntes Lachen; ein Lachen das mich Stimmen hören läßt. 'Komm, komm zu uns!" sagen sie. Auch Nico meint daß an seiner Tür geklopft wird. "Der Wahnsinn bittet darum Obdach zu bekommen, bei meiner Seele und meinem Verstand", sagt er poetisch. Mein Gott, wir leben am Arsch der Welt. Wo ist die Lust, die Leidenschaft der Nymphen, wo haben sie sich versteckt?! Frauen die zum Beispiel in einer WG. wohnen und darauf warten von uns beglückt zu werden. Gestern Nacht gingen wir raus weil uns die Decke auf den Masten fiel. Wir latschten saublöd durch die Dunkelheit der Fußgängerzone, dieses Loch, in der bescheuerten Hoffnung daß uns irgendwelche Ischen auf ne Party einladen würden. Als natürlich nichts geschah gings weiter zur Tankstelle. Dort deckten wir uns mit Bier ein, gegen die Schmerzen, die Kassiererin war ein unterdurchschnittlich aussehendes Mädchen, aber ihre Schläuche waren groß und ihr Mund stand weit offen, so als würde sie 'ihn' jetzt sofort einnehmen wollen. Als wir bezahlten glotzte sie mich lüstern an ich konnte ihren Saft riechen, dann gingen wir raus. Klar, vielleicht hätt ich sie angequatscht und irgendwas mit ihr ausgemacht aber bei den Gedanken einfach was unattracktives zu pimpern kam ich mir so billig und lächerlich vor daß mir ganz übel wurde. Wie trostlos, wie armselig dieses Leben nur ist! Seit Monaten auf wackligen Füßen- Liebe ohne Sex, Überdruck und bockig sein und dann doch den Schwanz einziehen. Sex, Allmächtiger, Sex- was für ein schreckliches Wort. Nico und ich, wir werden sterben, alle werden tot sein. Vielleicht hätt' ich's ja doch gemacht wenn sie schön gewesen wäre, aber die hübschen Weiber in diesem bayrischen Dorf wollen nur geschleckte Typen die nach Parfum und Geld duften. Sie sind allesamt Prostituierte die sich ein Leben lang anbieten werden, bis sie alt sind, Warzen griegen und nach Scheiße stinken. Dann erst wird ihnen einfallen was sie Nico und mir angetan haben. Dann erst werden sie sehen daß sie keine übersinnlichen Kräfte besitzen. Ich weiß, ich stink manchmal, aber es ist der Gestank der Freiheit, das Verlangen danach die Langeweile zu zertreten, ihr den Garaus zu bereiten. Oh Baby, egal wo und wer du bist, vergiß die Arbeit, morgen; vergiß daß ich ein Punk bin- das ist alles nicht wichtig. Vergiß die Liebe und steig ein in die Titanik der Lust, laß uns untergehen, und nie wieder auftauchen. Ich schau Nico zu wie er sich noch immer mit imaginären Sexbomben beschäftigt. "Komm schon, du Biest sollst nie wieder Hunger leiden", zischt er schon fast wütend und bewegt einen phantasievollen Frauenkopf zu seinem Ding. "Komm schon, mach's Maul auf, nimm ihn in den Mund, ich werd dich auch lecken. Versprochen!"

Endlich, so langsam werd ich richtig schön besoffen. Es wird alles gut werden, denk ich jetzt. Irgendwann, vielleicht sogar schon bald, werd ich so voll sein daß es mich umhaut- der einzige Lichtblick mit dem ich diesen grausamen Tag beschließen kann, Nico geht's nicht anders. Wenn's nur nicht zu lange dauert. Mannomann.

Ob Gott uns wohl trotzdem mag?

 

Ta Enemy Mine of Venom